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Privatbetriebe und Staatsunternehmen – eine persönliche Bilanz

Von Otto Bürger

Antiker Postbriefkasten an einer Hauswand
Foto: Heiner, pexels.com

Als ich gestern den Briefkasten leerte, fand ich diesen ungewöhnlich voll. Es zeigte sich, dass der Inhalt aus den gesammelten Sendungen von mindestens dreieinhalb Wochen bestand. So lange ist anscheinend kein Briefträger durch unsere Straße gekommen. Stutzig war ich schon früher geworden, weil mir DHL seit sieben Tagen fast täglich die Zustellung eines Pakets per E-Mail ankündigt, es dann aber nicht liefert. Auf Beschwerden erhielt ich von der „Künstlichen Dummheit“, die bei DHL für diese Dinge zuständig ist, vorgefertigte Standardantworten, die für mich klingen wie Hohn.

Als gelegentlicher Bahnfahrer mache ich auch mit dem Flaggschiff der deutschen Logistik immer wieder meine Erfahrungen und höre Geschichten von Mitreisenden, die mich nur noch den Kopf schütteln lassen. Ich denke, jeder der Bahn fährt, weiß, wovon ich rede.

In den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts ist allgemein über die Staatsunternehmen, zu denen Post und Bahn damals noch gehörten, gelästert worden. Es galt die weitgehend unhinterfragte These, dass ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen gegenüber einem Staatsbetrieb mit behäbigem Beamtenapparat deutlich besser sei.

Zum Thema Privatisierung schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung in „Das Lexikon der Wirtschaft“: „Die staatliche Beteiligung an Unternehmen hat verschiedene Gründe, z. B. die Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Gütern oder Dienstleistungen zu angemessenen Bedingungen sicherzustellen oder die Sicherung und Mitgestaltung des Wettbewerbs. Grundsätzlich ist jedoch bei der staatlichen Wirtschaftstätigkeit zu prüfen, ob sie nicht besser ganz Privaten überlassen werden sollte. Privatisierung wird v. a. damit begründet, dass private Unternehmen wirtschaftlicher arbeiten und gleiche Güter und Leistungen kostengünstiger bereitstellen.“

Richtig Fahrt aufgenommen hat die Privatisierungswelle in Deutschland in den 1980er-Jahren, als ein großer Teil der Bundesbeteiligungen an Industrieunternehmen wie VW, VEBA, Preußenelektra, Salzgitter oder Lufthansa ganz oder teilweise aufgegeben und privatisiert wurden. Auch in den Bundesländern und auf kommunaler Ebene wurden viele öffentliche Betriebe privatisiert. In Bremen gibt es schon lange keine Stadtwerke mehr, die Müllabfuhr erfolgt praktisch privat, ebenso wie die Abwasserentsorgung, um nur einige Beispiele zu nennen.

Schmackhaft gemacht wurde vielen Menschen die Privatisierung damals noch mit angeblichen Volksaktien, wie bei VW oder bei der Telekom. Für viele ist aus der Volksaktie ein Desaster geworden. Aber wesentlich schlimmer ist das alles in Ostdeutschland abgelaufen. In erheblich größerem Umfang wurden in den 1990er-Jahren die Betriebe der ehemaligen DDR „privatisiert“ oder besser verramscht, wie uns die Sendung „Die Anstalt“ gut und anschaulich vor Augen geführt hat.

Ich halte fest: Der Service bei vielen privatisierten Unternehmen ist entgegen den Versprechungen deutlich schlechter geworden.

Wie sieht es aber beim Preis aus? Arbeiten private Unternehmen wirklich wirtschaftlicher und können gleiche Güter und Dienstleistungen kostengünstiger machen herstellen? Schaue ich auf meine Stromrechnung, kann ich auch das nicht glauben. Schön, ich habe jetzt die Wahl zwischen vielen Stromlieferanten und kann mir einen teuren oder einen etwas weniger teuren aussuchen. Damit bin ich gut beschäftigt. Insgesamt bleibt es aber dabei, dass Deutschland die höchsten Energiepreise im Vergleich zu anderen Ländern hat. Ein großartiger Erfolg der Privatisierung.

Machen wir so weiter? Im Gesundheitswesen ist zum Beispiel noch einiges für Privatinvestoren zu holen. Sicherlich wird auch da durch die Privatisierung alles viel besser und deutlich günstiger.

Ich habe soeben eine neue E-Mail von DHL bekommen: Mein Paket kommt heute! Und täglich grüßt das Murmeltier.

Dieser Text spiegelt die Ansichten und Ziele einer Einzelperson wider. Er stellt nicht die offizielle Haltung des Landesverbands oder der Gesamtpartei dar. Sachliche Kritik und Gegenmeinungen werden an dieser Stelle gern veröffentlicht.

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