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Viren- und Gedankenschnipsel – Meine Corona Fragebuch-Chronik 2021 (II)

von Jochen Hering

Das Konzept vom falschen Selbst ist nicht schwierig. Das falsche Selbst wird auf der Grundlage von Gefügigkeit aufgebaut.

Donald Winnicott, 1959

Ich empöre mich. Also sind wir.

Albert Camus, 1951

Der erste Teil meiner Corona-Fragebuch-Chronik endete am 7. Mai. Das ist knapp zwei Monate her. Inzwischen steht die Impfung im Mittelpunkt der Berichterstattung der Tagespresse. Hier und da liebäugeln Politiker mit einem Impfzwang-Gesetz, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates spricht von einer moralischen Pflicht sich impfen zu lassen, wohingegen der Europarat darauf hinweist (Resolution 2361), „dass die Impfung nicht verpflichtend ist und dass niemand politisch, sozial oder in anderer Weise dazu gedrängt werden solle, sich impfen zu lassen, falls er dies nicht selbst wünscht“.

Wie im ersten Teil dieser Chronik habe ich Ungereimtheiten und Fragen gesammelt und versuche hier und da, anders auf die „Corona-Politik“ zu blicken. Vielleicht ergibt das in den kommenden Diskussionen und Auseinandersetzungen Argumentationshilfen für alle, die sich einem drohenden Impfzwang nicht unterwerfen wollen.

7. Mai

Jeden Tag neu werden rasche Lockerungen für Geimpfte eingefordert. Was in der Tagespresse nach wie vor nicht vorkommt: Geimpfte sind nach wie vor mögliche Überträger von Covid-19. Der Impfschutz hält nur begrenzt, zur Zeit ist von sechs Monaten die Rede. Haben die letzten Impfwilligen ihre Spritze bekommen, sind die ersten schon wieder an der Reihe. Da werden die Schlangen vor den Ämtern und Praxen nicht abreißen. Wieso wird über eine Stärkung des Immunsystem der Menschen (auch als Antwort auf kommende neuartige Viren) überhaupt nicht mehr nachgedacht?

10. Mai

Ein Video mit Michael Esfeld, Professor für Wissenschaftsphilosophie an der Universität Lausanne, u. a. Mitglied der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina, im Gespräch mit Gunnar Kaiser (Kaiser TV) klärt in wenigen Worten die aktuelle Rolle von Wissenschaft als „Konsenswissenschaft“, die andere Stimmen und Sichtweisen ausgrenzt und unterdrückt (ab Min. 8:10): „Die Absicht war, ganz scharfe Grundrechtsbeschneidungen einzuführen. Wie kann man die legitimieren? Die kann man nicht auf rechtsstaatlichem Wege legitimieren, das ist klar. Also, andere Legitimation, Wissenschaft soll‘s leisten. Also, es sei jetzt wissenschaftlich legitimiert, wie man früher gesagt hat, es ist jetzt von Gott gewollt. So ist es jetzt von der Wissenschaft gewollt, dass wir beispielsweise einen Lockdown machen …“

Das Zusammenspiel von Politik und Wissenschaft, so Esfeld (ab Min. 9:45), „setzt voraus, dass die Wissenschaft selbst politisiert wird. Wenn wir jetzt den normalen wissenschaftlichen Verlauf hätten, würden man sich die Daten ansehen und würde verschiedene Handlungsstrategien durchspielen. Und dann gibt‘s die einen Wissenschaftler, die sagen, also wir haben Pandemien immer medizinisch bekämpft, also Warnung rausgeben, passt auf, wascht euch Hände, haltet Abstand usw., die Personen, die gefährdet sind, besonders aufpassen … Und dann würde es andere Wissenschaftler geben, die sagen, naja das ist ein neues Virus, wir wissen nicht genau was passiert, wir sollten noch vorsichtiger sein als früher, vielleicht sollten wir politisch weitergehen, etc. bis hin zu Schulschließungen oder so was. Aber dann gäbe es einfach eine normale wissenschaftliche Debatte.

Aber das würde der Politik nicht nützen. Denn dann könnte Frau Merkel nur sagen, also die einen Wissenschaftler sagen, wir sollen wie immer vorgehen, wie man eine Pandemie bekämpft hat, andere Wissenschaftler sagen beispielsweise, also wir sollen das soziale gesellschaftliche Leben herunterfahren … Und dann kann ja Frau Merkel nicht sagen: Ich weiß jetzt, die Gruppe der Wissenschaftler, die politische Maßnahmen fordern, die haben Recht, und das tun wir jetzt. Das würde sofort in sich zusammenbrechen. Also muss es so dargestellt werden, dass die Wissenschaft jetzt plötzlich mit einer Stimme spricht, sonst funktioniert die wissenschaftliche Legitimation nicht. Eine demokratische Legitimation haben sie in dem Moment, wo sie 51 Prozent der Stimmen haben oder die Mehrheit unter den Abgeordneten … Also, in der Wissenschaft kann man nicht mit Mehrheiten operieren. Wenn Wissenschaft etwas legitimieren soll, geht‘s nur, dass man sagt: Die Wissenschaft erfordert das jetzt. Und dazu muss man die Wissenschaft politisieren und zwar einfach andere Stimmen unterdrücken. Und das ist ja dann auch geschehen.“

12./13. Mai

Eine Nachricht aus dem Jahr 2019: „Laut einer neuen Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Chemie kommen deutschlandweit rund 120.000 Menschen jährlich aufgrund von Feinstaub vorzeitig ums Leben. Dies ist deutlich mehr als bisher angenommen.“ Das sind ca. 328 Tote pro Tag.

An und mit Corona Verstorbene sind es heute 283 Menschen.

Man muss und darf diese Zahlen nicht gegeneinander ausspielen. Aber: Wenn jedes Menschenleben zählt, warum wird diesem Sterben nicht auch mit entsprechenden Maßnahmen begegnet? Hauptverursacher von Feinstaub ist die landwirtschaftliche Massentierhaltung mit geschätzten 45 Prozent. Die Gülle (in der man in Niedersachsen manchmal knietief waten kann) enthält Ammoniak, das in die Luft entweicht und Feinstaub bildet. Vorschlag: Lockdown an der Billigfleisch-Theke. (Quelle)

14. Mai

Karl Lauterbach behauptet, das Durchschnittsalter von Covid-Intensivpatienten läge inzwischen bei 47, 48 Jahren. Zahlen zeigen ein ganz anderes Bild. Lauterbach muss dann zugeben, dass es sich nur um eine persönliche Schätzung handelte.

Meine Güte! Für nix ist sich der Mann zu schade. Wer sich über die wundersame Karriere dieses Mannes informieren möchte, wird hier fündig.

20. Mai

Ganz zu Anfang der Pandemie erklärte mir ein Freund, dass es richtig sei, den Leuten Angst zu machen. „Sonst halten sich die einfachen Leute nicht an die Regeln.“ Ein an vielen Stellen kritischer Geist, aber hier vom Dünkel gegenüber dem Mann und der Frau von der Straße geprägt, für die Demokratie, Argumente, sachliche Auseinandersetzungen einfach überfordernd sind.

Erinnern wir uns an Seehofers Strategiepapier, nachzulesen bei Focus-Online, wo aus diesem Papier zitiert wird. Hier das Original:

„1) Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder Nicht-genug-Luft-kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien sind verstörend.

2) ‚Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden‘: Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z. B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z. B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.“

Drittens schlagen die Autoren dieses Angst-Strategie-Papiers noch vor, an mögliche Langzeitschäden zu erinnern: „Auch wenn wir bisher nur Berichte über einzelne Fälle haben, zeichnen sie doch ein alarmierendes Bild“, heißt es in dem Bericht. „Selbst anscheinend Geheilte nach einem milden Verlauf können anscheinend jederzeit Rückfälle erleben, die dann ganz plötzlich tödlich enden, durch Herzinfarkt oder Lungenversagen, weil das Virus unbemerkt den Weg in die Lunge oder das Herz gefunden hat. Dies mögen Einzelfälle sein, werden aber ständig wie ein Damoklesschwert über denjenigen schweben, die einmal infiziert waren.“

21. Mai

Angst-Politik ist nicht nur undemokratisch, sie ist totalitär. Dazu der folgende Gesprächsausschnitt.

Wir schreiben das Jahr 1946, das Gespräch findet am 18. April 1946 in einer Zelle statt:

1. Sprecher: Nun, natürlich, das Volk will keinen Krieg. (…) Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt.

2. Sprecher (wendet ein): Nur mit einem Unterschied. In einer Demokratie hat das Volk durch seine gewählten Volksvertreter ein Wort mitzureden, und in den Vereinigten Staaten kann nur der Kongress einen Krieg erklären.

1. Sprecher: Oh, das ist alles gut und schön, aber das Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land.

Deutsche Übersetzung eines Gesprächs Hermann Görings am 18. April 1946 in seiner Zelle mit einem amerikanischen Gerichtspsychologen.

22. Mai

Schönes Zitat aus einer Sendung von Lisa Fitz: „Wenn du wissen willst, wer dich beherrscht, dann musst du nur herausfinden, wen du nicht kritisieren darfst.“

23./24. Mai

„Studien zur Raucherlunge“ heißt der Artikel im WK, es geht um die Lungenkrankheit COPD. 6,4 Prozent der über 40jährigen in Bremen sind betroffen (mit 9,6 Prozent ist Bremerhaven eine Hochburg). 3,4 Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen. Neben Rauchen ist Feinstaubbelastung eine Hauptursache für COPD. Feinstaub wird u. a. verursacht durch industrielle Landwirtschaft und Massentierhaltung. Laut einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts (MPI) für Chemie kommen hierzulande rund 120.000 Menschen pro Jahr wegen Feinstaubs vorzeitig ums Leben. Wo bleibt das Feinstaub-Schutzgesetz? (Quelle)

30. Mai

Lese nochmals eine Untersuchung aus dem Februar. Das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf kommt nach Obduktionen von etwa 660 Corona-Sterbefällen zu dem Ergebnis: Bei 618 Fällen war Corona die Todesursache. Der Altersdurchschnitt der Verstorbenen war 83 Jahre.

„Der Studie zufolge,“ so die Seite von ZDF heute, „wiesen die an Covid-19 Verstorbenen eine sehr große Bandbreite an Vorerkrankungen auf. Zu den häufigsten zählten: Bluthochdruck, eine chronische Nierenschwäche, eine dauerhafte Lungenschädigung, bosartige Tumorerkrankungen und Diabetes mellitus. 20 Prozent wiesen ein krankhaftes Übergewicht auf. … Nur in einem Prozent der Fälle wurden keine relevanten Vorerkrankungen gefunden.“ (Quelle)

3. Juni

Wer im Netz die Seite ZDF-Nachrichten Corona aufruft, sieht sich mit Folgendem konfrontiert:

Die Corona-Pandemie hat weltweit weitreichende Folgen und sorgt für viele Fragen im Alltag: Wie verbreitet sich das Coronavirus? Welche Corona Symptome zeigen sich? Wie geht es an Covid-19 erkrankten Patienten heute? Wie weit ist die Forschung zu Sars-CoV-2-Mutationen? Gibt es genügend Impfstoff?

Dazu weiter unten Bild-Aufmacher mit Titeln wie: Einblick in deutsche Intensivstationen – Lungenintensivstation: Situation „hochgradig frustrierend für alle“ – Eltern in der Pandemie: „Eine totale Grenzerfahrung“

Sicherlich alles richtig und wichtig. Wichtig ist aber auch, was durchgehend fehlt, denn das ZDF ist ja eine der Quellen, aus denen sich Millionen Deutsche informieren: Wie kann es sein, dass wir eine Gesellschaft voller Vorerkrankter sind und das nicht zum Anlass genommen wird, darüber kontinuierlich und mit Blick auf notwendige Veränderungen debattiert wird? Liegt das vielleicht daran, dass Gesunde nur wenig Profit abwerfen im Unterschied zu Kranken?

Verantwortlich für einen großen Teil der Vorerkrankungen u. a.:

  • die Lebensmittelindustrie mit ihrer kriminellen Verweigerung der Lebensmittelampel
  • die Agrarindustrie mit Massentierhaltung und der entsprechenden Feinstaubproduktion
  • die Tabakindustrie und Rauchen als individuelle Sucht
  • unnötige Mobilität auf den Straßen
  • der Staat mit einem Mangel an Bewegungsangeboten vor allem für die jüngeren Generationen

Was ist, wenn das nächste Virus kommt, wovon Experten ausgehen? Auch dann wird es ja wieder die Vorerkrankten treffen! Für mich völlig unverständlich, dass hier kein breit angelegtes Umsteuern erfolgt. Jetzt schon werden ja mit Fehlernährung, Bewegungsmangel (beschönigend u. a. als Digitalisierung daherkommend) und weiterer Feinstaubbelastung die Opfer des nächsten Virus billigend in Kauf genommen.

Dabei legen sich Politiker mit ihrem Amtseid darauf fest, zum Wohle der Menschen in diesem Land zu handeln und Schaden von ihm abzuwenden. Manchmal hat man das Gefühl, dass viele eher das Wohl von Konzernen und Großindustriellen fördern.

8. Juni

Von Prof. Luckhaus, ehemals Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (er trat wegen Behinderung seiner Arbeit zurück, vgl. Eintrag vom 2. Februar im ersten Teil dieser Artikelreihe) meldet sich am 7. Juni noch einmal zu Wort. Luckhaus ist Mathematiker und mathematischer Epidemiologe, und ihn interessiert, was mit den entsprechenden Methoden aus den Corona-Daten an Erkenntnissen zu gewinnen ist.

Zwei englischsprachige Artikel hat Luckhaus veröffentlicht, deren Ergebnisse und Schlussfolgerungen bei uns nicht genehm waren. Hier Auszüge aus dem nur 5:37 Minuten langen Video (YouTube):

Ein Gutachter und Kollege aus der Virologie „schlug mir allen Ernstes vor: Warten Sie mit der Publikation ein paar Monate, denn der Artikel stehe im Widerspruch zur Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie. Ich habe dann gebeten, die deutsche Kurzfassung über den E-Mail-Verteiler der Leopoldina als meine persönliche Stellungnahme an die Mitglieder zu verteilen. Das wurde abgelehnt. Datenschutz.“

Auch die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) hat es abgelehnt, die wissenschaftlichen Arbeiten von Luckhaus, am Institut selbst entstanden, der Öffentlichkeit zu präsentieren. Luckhaus dazu süffisant: „Das gibt eine ungefähre Vorstellung, was sich hinter der Vokabel ‚Konsens in der Wissenschaft‘ verbirgt. Ich bin aus Leopoldina und MPG ausgetreten. Ich bin anscheinend doch kein Konsenstyp.“

Abschließend präsentiert Luckhaus Datenmaterial zu Inzidenz, Immunität und Impfung, das die Zahlen des RKI in sehr kritischem Licht erscheinen lässt. Er ruft die Mediziner dazu auf, vor der Impfung auf bereits vorhandene Immunität zu testen, sich damit der Impfpropaganda entgegenzustellen und sich an den Hypokritischen Eid zu erinnern.

13. Juni

Im heutigen Weser-Kurier (WK), Hausblatt der BremerInnen, findet sich ein Interview mit Michel Friedmann, überschrieben mit: „Streit ist der Sauerstoff der Demokratie“.

„Das Selbstverständnis der Meinungsfreiheit,“ so Friedmann, „enthält die Handlung des Streitens um Positionen.“ Und er vertritt im Artikel eine konstruktive Streitlust, die immer auch den kritischen Blick auf sich selbst einschließen muss. Als Leser hab ich damit gerechnet, dass der Schreiberin, wenn man ihre Artikel kennt, dieser Anspruch auf die Füße fällt. Und richtig, nach dem einleitenden Kreisen ums Thema kommt die Frage: „Man kann sich vorstellen, dass man des Streitens einmal müde wird. Beispielsweise mit Corona-Leugnern …“

Natürlich, liebe Redakteurin! Auch mit Leugnern des schlechten Wetters in Bremen, mit Leugnern von Hautkrankheiten, Pusteln und Schweißfüßen kann man nicht wirklich streiten. Sie erkennen schlicht Fakten nicht an (in diesem Sinn antwortet auch Friedmann).

Aber wie wäre es, hätte die Redakteurin formuliert: „Man kann sich vorstellen, dass man des Streitens einmal müde wird. Beispielsweise mit Kritikern der Corona-Politik …“

Wie bitte? Warum soll man da des Streitens müde werden? Jetzt geht es eben nicht mehr um pauschalisierende unterschwellige Denunziation (alle diese Kritiker sind doch Corona-Leugner). Jetzt geht bzw. ginge es um Positionen, strittige Fakten, Interpretationen, Interessenlagen, auch um Korruption. Jetzt erst ginge es um Streitkultur, Offenheit, Meinungsfreiheit.

Aber der Redakteurin ist schon beim Aufsetzen ihrer Interviewfragen der Sauerstoff ausgegangen.

16. Juni

Bremens Hausblatt, Kommentar, Seite 2, Titel „Bedrohlich“. Es geht um Rechtsextremismus und der Kommentator merkt an: „Im Windschatten von Querdenkern und Reichsbürgern wurden weiter Hass und Hetze verbreitet“. Die Formulierung vermittelt das Bild: sich hinter einer Menge anderer verstecken mit eigenen, in diesem Fall verfassungsfeindlichen Zielen.

„Konsequent daher,“ so der Kommentator weiter, „dass seit April auch die Querdenken-Szene von Verfassungsschutz beobachtet wird.“ – Ist das konsequent? Was wäre, wenn auf einer Gewerkschaftsdemo in deren Windschatten linke verfassungsfeindliche Gruppen mitspielten. Sollte man dann die Gewerkschaften vom Verfassungsschutz beobachten lassen?

Wie schnell bei den Querdenkern der Verfassungsschutz ins Spiel kommt. Das erinnert mich an die Berufsverbote der 70er- und noch 80er-Jahre. Viele Politiker (u. a. Willi Brand) haben sich hinterher dafür entschuldigt, aber erst, nachdem zahllose sozial engagierte Menschen diffamiert und zum Teil ruiniert worden waren (u. a. von Hessens CDU-Koch) und Bewegungen hin zu einer solidarischeren, gerechteren Gesellschaft ausgebremst und abgewürgt worden waren.

Um das Abwürgen grundsätzlicher Kritik scheint es mir auch dieses Mal wieder zu gehen.

Jens Spahn ist ein gerade mal 41jähriger CDU-Minister, der bereits über ein Millionen-Vermögen verfügt (Immobilienbesitz in Berlin von fast 700 Quadratmetern, von denen ein Teil seinem Mann gehört). Gegen zu detaillierte Einblicke ins seine Vermögenswerte wehrt er sich mit Anwälten. Ansonsten findet er: „Hartz4 bedeutet keine Armut“! Spahn ist es in den letzten eineinhalb Jahren auch leider nicht gelungen, den Beruf AltenpflegerIn aufzuwerten und angemessen entlohnen zu lassen. Wie konnte das passieren? War der Mann zu sehr mit der Anhäufung eigenen Vermögens beschäftigt?

17. Juni

Hab einen Artikel auf der Seite der DGN, der Deutschen Gesellschaft für Neurologie entdeckt: „Es gibt zunehmend Daten, die nahelegen, dass Adamantane, unter anderem in Amantadin und Memantin, einen protektiven Effekt gegen Covid-19 haben könnten. Passend zu verschiedenen In-vitro-Befunden zeigt eine polnische Fallserie von 22 Sars-CoV-2-positiven Patienten, die wegen neurologischer Grunderkrankungen auf Amantadin oder Memantin eingestellt waren, dass kein einziger von ihnen schwer an Covid-19 erkrankte … Die Autoren sind sich der Limitationen einer solchen Fallserien-Studie bewusst, dennoch plädieren sie dafür, den möglichen antiviralen Effekt Adamantan-haltiger Substanzen weiter zu untersuchen.“

In der Lückenpresse hab ich darüber nichts gefunden. Passt nicht so recht in die „Wir-impfen-euch-alle-Strategie“?

21. Juni

„Jeder zweite weist eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz auf“, so die fett gedruckte Zwischenüberschrift eines Kommentars im WK von heute. Und bei Gesundheitskompetenz, heißt es weiter, ginge es vor allem darum, „informierte Entscheidungen treffen zu können“. Na endlich, hab ich gedacht. Jetzt sagt’s mal jemand. Endlich!

Fehlernährung und Übergewicht, betreffen laut Robert-Koch-Institut in Deutschland circa die Hälfte der Frauen und zwei Drittel der Männer. Alkoholmissbrauch bei etwa 3 Millionen Erwachsenen (2018), depressive Erkrankungen bei etwa 6 Millionen Bundesbürgern (Zahl aus 2019), etwa 1,5 Millionen medikamentenabhängige Menschen in unserem Land, aktuell mindestens 6,9 Mio. Menschen mit dokumentiertem Typ-2-Diabetes, Mit-Ursachen hierfür: Übergewicht und Bewegungsmangel, und so weiter und so fort. Zusammengerechnet Millionen Menschen bei uns, die mehrfach vorerkrankt sind und deren Immunsystem dann einem Virus wie dem Coronavirus nicht mehr gewachsen ist.

Dann die Enttäuschung. Um all das geht es – mal wieder – nicht! Es geht um die kompetente Einsicht in die Notwendigkeit von Impfungen, also darum, Menschen „von der Corona-Impfung zu überzeugen“.

21. Juni

„Fragezeichen hinter der Herdenimmunität“ heißt es im heutigen WK. Und wie so oft wird in diesem Artikel geraunt: „… es ist davon auszugehen, dass bei einer Immunität von weit über 80 Prozent schwere Verläufe und Todesfälle zum großen Teil verhindert werden.“ Was genau heißt das? Belastbare Zahlen, gar Studien sind nicht in Sicht. Sollen wir uns an dieses Lesen aus dem Kaffeesatz gewöhnen?

Im zweiten Teil wird‘s spannend. Jetzt darf’s allmählich offen gesagt werden (nachdem es monatelang hieß, mit der Impfe ist Corona erledigt): „Immunität bei Sars-Cov-2 ist nichts Lebenslanges. Der Schutz lässt mit der Zeit nach […] Wie das RKI betont, bleibt auch bei Geimpften ein Restrisiko, dass sie sich infizieren und andere anstecken können. Hinzu kommen Patientengruppen, bei denen Impfungen weniger gut wirken, etwa bei Immungeschwächten.“

Warum diese häppchenweise Information? Warum diese Aufklärung nicht schon zu Beginn der Impfkampagne? Das Wissen darüber war da.

22. Juni

Am Straßenrand einen Karton mit alten Zeitschriften entdeckt, darin u. a. die „Konkret“ vom April diesen Jahres. Der Artikel von Peer Heilet „Seuchenproduktion“ kann einem Tränen der Wut ins Gesicht treiben. Sichtbar wird, wer mit zu den „systematischen Gefährdern unserer Gesundheit gehört: Massentierhalter und die mit ihnen mafiös verbundenen Lobbyisten und Politiker.“ Der Artikel sollte zur Pflichtlektüre im Politikunterricht unserer Schulen gehören.

24. Juni

Fundsache aus dem Netz, der Artikel ist überschrieben mit: „Die meisten Corona-Toten laut Studie ohne kritische Vorerkrankungen“ und es geht um eine Studie der Uni-Klink Regensburg, in der Ärzte sieben Patienten der ersten Coronawelle obduziert haben.

Zitat: „Die sieben Patienten, die an Corona gestorben sind, hatten zuvor keine kritischen Vorerkrankungen, sondern nur leichte Erkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes und in einzelnen Fällen Herzerkrankungen. Man könne daraus schließen, dass auch ein junger, mutmaßlich gesunder Mensch an Corona sterben kann. Dies sagte Pathologin Evert dem Bayerischen Rundfunk.“

Unterschiedliche Formen von Vorerkrankungen stellen sicherlich unterschiedliche Risikoerhöhungen dar. Aber aus Bluthochdruck und Übergewicht, die laut aller vorliegenden Studien ganz klar das Risiko eines schweren Verlaufs bei Coronaerkrankungen und auch das Sterberisiko erhöhen, „leichte Erkrankungen“ zu machen und daraus den Schluss zu ziehen, dass auch gesunde Menschen an Corona sterben können (was natürlich der Fall ist), scheint mir eine abenteuerliche Interpretation der Ergebnisse dieser Obduktionen.

Wie kommt man als Wissenschaftler auf so etwas? Wenn die eigentliche Feststellung doch lautet: Alle an Corona Verstorbenen hatten (zum Teil leichte) Vorerkrankungen.

Und wieso fehlen Angabe zur Häufung von Vorerkrankungen bei den Patienten? Auch wenn es die nicht gab, wäre das ja interessant (vgl. hierzu die Studie aus Hamburg-Eppendorf, Eintrag vom 30. Mai)

26. Juni

Wer sind die Gefährder in diesem Land?

Ist es die Lebensmittelindustrie, verantwortlich für das Überzuckern sogenannter Lebensmittel, das Verbraucher zu noch mehr greifen lässt. Denn: Bei Alkohol Nikotin und Zucker will das Gehirn immer mehr. Zu viel Zucker führt zu Übergewicht und Diabetes. Beides sind millionenfach verbreitete Vorerkrankungen. In einer Schulklasse sind inzwischen durchschnittlich zwei Kinder übergewichtig oder sogar fettleibig (adipös).

Sind die Industriellen, ihre Marketingstrategen und Lobbyisten, mitverantwortlich für Krankheiten und Tod Vieler, Gefährder?

Sind PolitikerInnen wie Julia Klöckner (Ministerin für Ernährung), die sich seit Jahren erfolgreich für ungesunde Nahrung einsetzt, die Gefährder?

Nein, das alles sind in der Lückenpresse keine Gefährder für die Gesundheit anderer. Da gibt es als Gefährder aktuell die Ungeimpften.

27. Juni

Sind Menschen, die massenweise Billigfleisch essen, Gefährder? (vgl. Eintrag 12./13. Mai) Aber klar. Zum einen nehmen sie eine qualvolle und teilweise gesetzwidrige Tierhaltung für möglichst billiges Fleischfressen in Kauf. Etwa 88% des Frischfleischs aus dem Supermarkt stammt aus nicht-tierwohl-gerechter Haltung. Hinzu kommt: Die landwirtschaftliche Massentierhaltung ist mit geschätzten 45 Prozent Hauptverursacher von Feinstaub. Deutschlandweit kommen rund 120.000 Menschen jährlich aufgrund von Feinstaub vorzeitig ums Leben, deutlich mehr Opfer, als das Coronavirus bislang gefordert hat. Und hier wäre direkt Abhilfe zu schaffen. Parole: Lockdown an der Billigfleisch-Theke rettet Menschenleben!

Auch hier blockiert Ministerin Julia Klöckner notwendige Änderungen – ein kriminelles, weil Menschenleben gefährdendes Verhalten. Aber in der Lückenpresse sind das alles keine Gefährder für die Gesundheit anderer (jeder Vegetarier ist schließlich selbst schuld, wenn er den Feinstaub einatmet, oder?)

Gefährder für die Gesundheit anderer sind die Ungeimpften.

1. Juli

Worum geht es gesundheitspolitisch? Um tatsächliche Gesundheitspolitik? Zuckerreduktion in Lebensmitteln? Verbot von Billigfleisch? Ausreichende Bewegungsangebote in den Städten für Kinder und Jugendliche (Jugendzentren mit Sportstätten, zusätzliche Förderung von Sportvereinen)? Steuerliche Begünstigung des Radverkehrs? Nein, gesundheitspolitisch geht es nur noch darum, alle zu impfen. Und dabei ist jedes Mittel recht, auch die Verbreitung von Unwahrheiten, wie im heutigen Weser-Kurier: „Die letzten paar Prozente“, titelt das Blatt, und der Autor schreibt wie viele andere: „Für Herdenimmunität braucht es 80 bis 85 Prozent Geimpfte.“ Herdenimmunität bezeichnet aber laut Wikipedia „in der Epidemiologie einen indirekten Schutz vor einer ansteckenden Krankheit, der entsteht, wenn ein hoher Prozentsatz einer Population durch Infektion oder Impfung immun geworden ist, wodurch die weitere Ausbreitung des Erregers innerhalb der Population unterbleibt. Daraus ergibt sich indirekt ein erhöhter Schutz auch für nicht-immune Individuen.“ Also, wir bräuchten 80 bis 85 Prozent immun Gewordene. Das ist etwas völlig anderes als Geimpfte.

„Ohne Spritze keine Stelle“, heißt es in der gleichen Ausgabe. Ein Hinweis darauf, dass dieser Impfzwang der Aufforderung des Europarates widerspricht, sicherzustellen, dass „die Bürger darüber informiert werden, dass die Impfung nicht verpflichtend sei und dass niemand politisch, sozial oder in anderer Weise dazu gedrängt werden solle, sich impfen zu lassen, falls er dies nicht selbst wünscht“, fehlt, wie er überhaupt fehlt in der Lückenpresse (vgl. Eintrag 27. Januar). Dabei nimmt der Druck enorm zu auf alle, die von ihrem Grundrecht auf Impffreiheit Gebrauch machen.

Bremen, Corona und Intensivbetten im Internet: „Von insgesamt 167 Intensivbetten in Bremen sind nach aktuellem Datenstand (30.06.2021 12:15 Uhr) 152 Betten belegt und 15 Betten frei. 0,66% der belegten Intensivbetten sind mit Covid-19-Patienten belegt. Der Standort verzeichnet aktuell nur einen Covid-19-Patienten, der intensivmedizinisch behandelt und auch beatmet wird.“

2. Juli

Immer wieder taucht in Gesprächen mit Anderen der Hinweis auf die Langzeitfolgen auf. Dabei sind immer nur Corona-Langzeitfolgen gemeint. Andere, gesundheitspolitisch ausgesprochen schwer wiegende millionenfache Langzeitfolgen bleiben unbeachtet:

Zwei Drittel aller Männer und etwas mehr als die Hälfte aller Frauen in Deutschland sind übergewichtig, also vorsichtig geschätzt 40 Millionen Erwachsene. Ein Viertel der Männer und knapp 30 Prozent der Frauen leidet sogar unter Fettleibigkeit (Adipositas), das sind insgesamt etwa 20 Millionen krankhaft fette Erwachsene (Spitzenplatz in Europa). Und dieses „Fressverhalten“ wird an die Kinder weitergereicht: 15 Prozent unserer Kinder (also etwa drei in jeder Schulklasse) sind übergewichtig, 6,3 Prozent leiden unter Fettleibigkeit (mindestens eines in jeder Schulklasse).

Übergewicht bereitet den Weg für zahlreiche Langzeitfolgen wie Diabetes Typ 2, Bluthochdruck. Zwei- bis dreimal häufiger als bei Normalgewicht treten auf: koronare Herzkrankheiten, Arthrose, Gicht. Adipöse haben auch ein doppelt so hohes Risiko für bestimmte Krebserkrankungen (Gebärmutter-, Brust-, Gebärmutterhals-, Prostata- und Gallenblasenkarzinom). Neue Studien zeigen, dass „Männer der Altersgruppe 20 bis 40 Jahre, die unter Adipositas leiden (BMI von über 35), im Durchschnitt etwa 8,4 Jahre früher als Normalgewichtige (BMI 18,5 bis 25) sterben. Bei Frauen im selben Alter liegt die Differenz bei 6,1 Jahren“ (siehe hier und hier):

Heißt es nicht bei Corona, jedes Lebensjahr zählt? Der Mensch geht vor? Langzeitfolgen von Übergewicht und Fettleibigkeit für Millionen Menschen sind seit Jahren bekannt. Warum hat das die breite Öffentlichkeit nicht längst aufgewühlt? Warum hat das nicht längst zu einer anderen Gesundheitspolitik- und Ernährungspolitik geführt? Ungesunde Ernährung ist das weltweit größte Gesundheitsrisiko. (Quelle)

Dieser Text spiegelt die Ansichten und Ziele einer Einzelperson wider. Er stellt nicht die offizielle Haltung des Landesverbands oder der Gesamtpartei dar. Sachliche Kritik und Gegenmeinungen werden an dieser Stelle gern veröffentlicht.

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