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Ukrainischer Zusammenbruch an der südlichen Donbass-Front

Ukraine-Flagge vor blauem Himmel

Infolge der Eroberung der ukrainischen „Festungsstadt“ Wuhledar (Russisch: Ugledar) Ende September konnte die russische Armee südlich der strategisch wichtigen Frontstadt Pokrowsk weitere Geländegewinne erzielen. Ende Oktober nahm sie die für die Verteidigung des Ortes bedeutende Kleinstadt Selydowe (Selidowo) ein. Unmittelbar südlich davon droht eine Fläche von rund 400 Quadratkilometern eingekesselt zu werden, mit der strategisch und wirtschaftlich wichtigen Stadt Kurachowe (Kurachowo) im Zentrum. Anfang November konnten russische Einheiten bereits den östlichen Teil der Stadt erobern. Der ukrainische Generalmajor Dmytro Martschenko sagte, es sei „kein militärisches Geheimnis“, dass „unsere Front zusammengebrochen“ ist.

Die russische Armee ist nach der Eroberung von Awdijiwka (Awdejewka) im Februar hauptsächlich in westliche Richtung auf Pokrowsk vorgerückt. Die Kleinstadt mit 60.000 Einwohnern vor dem Krieg gilt sowohl als Verkehrsknotenpunkt, über den die Ukraine Truppen und Nachschub zu ihren Frontstellungen schickt, als auch als letzte große Verteidigungsstellung vor dem offenen Land bis zum Fluss Dnjepr in der Zentralukraine. Ende August standen die russischen Truppen nur noch zehn Kilometer vor der Stadt. Die örtlichen Behörden ordneten daraufhin die Evakuierung an. Ende Oktober befanden sich nach Angaben des Magazin „Der Spiegel“ nur noch rund 12.000 Menschen in Pokrowsk, dessen kritische Infrastruktur nach Behördenangaben bereits zu 80 Prozent zerstört sein soll.

Ende August ging das Ukrainische Zentrum für Verteidigungsstrategien davon aus, dass die russische Armee die militärisch bedeutende Stadt Mitte September erreichen würde. Tatsächlich sind die russischen Truppen im Laufe des Septembers und Oktobers jedoch nur wenige hundert Meter auf Pokrowsk vorgerückt, konnten aber vornehmlich südlich der Stadt deutliche Geländegewinne erzielen und mehrere kleinere Ortschaften einnehmen. Laut dem österreichischen Offizier Markus Reisner droht bei weiteren russischen Erfolgen in dieser Richtung die Einkesselung des weiträumigen Gebiets um Kurachowe.

Kurachowe ist strategisch wichtig für die Ukraine, weil die Stadt über eine gut ausgebaute Landstraße mit dem Hinterland verbunden ist. Die Ortschaft diente bislang aufgrund ihrer Verkehrsanbindung als militärlogistischer Knotenpunkt der ukrainischen Armee. Die Stadt beherbergt auch ein Kohlekraftwerk mit 1,5 Gigawatt Leistung, das allerdings mehrfach durch russische Luftangriffe beschädigt wurde und offensichtlich nicht mehr in Betrieb ist.

Rund 40 Kilometer südwestlich von Kurachowe befindet sich die Lithium-Lagerstätte Schewtschenko, welche das Potential hat, „zu einer der größten Abbaustätten des Metalls in Europa zu werden“. Das Vorkommen ist infolge des zusätzlichen russischen Vormarschs aus Richtung Süden nach dem Fall Wuhledars inzwischen nur noch wenige Kilometer von der Front entfernt. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij und westliche Politiker werfen Russland regelmäßig vor, den Krieg in der Ukraine wegen des Zugriffs auf wertvolle Ressourcen zu führen, wobei Lithium eine besonders wichtige Rolle spiele. Allerdings bot Selenski den westlichen „strategischen Partnern“ in seinem „Siegesplan“ kürzlich selbst den Zugriff auf ukrainische Rohstoffe an.

Dass ein russischer Vormarsch bis zum Dnjepr ein realistisches Szenario auch für die ukrainische Armeeführung sein könnte, zeigt ein Video, das ein ukrainischer Militärblogger auf TikTok veröffentlicht hat. Er filmte die Errichtung von Verteidigungsstellungen in einem Vorort östlich der Großstadt Dnipro (Dnjepropetrowsk), welche 160 Kilometer westlich von Pokrowsk am Dnjepr liegt. Nach Auffassung des geopolitischen Analysten Alexander Mercouris finden die derzeit weitreichenden Erfolge der russischen Armee in den westlichen Medien kaum Aufmerksamkeit, weil diese sich auf das Narrativ nordkoreanischer Truppen im russischen Kursk konzentrieren. Dies sei eine „wunderbare Art“, über etwas zu sprechen, das mit dem Krieg in der Ukraine zu tun habe, aber nicht mit dem Krieg selbst sowie den ukrainischen Niederlagen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Multipolar. Wir bedanken uns für die Erlaubnis, ihn an dieser Stelle zu veröffentlichen.

Titelfoto: Pexels.com

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