Von Martina Laabe
„Parteienstaat“ ist ein Begriff, der in der Weimarer Zeit aufkam als Kritik an dem neuen politischen System, welches die Monarchie abgelöst hatte. Auch heute stehen viele Menschen unserem gegenwärtigen Parteienstaat sehr kritisch gegenüber.
In der Weimarer Republik wurden Parteien erstmals die zentralen Institutionen für politische Karrieren und entsprechende Eliten. In den historisch späteren Einparteiensystemen entledigten sich die stärksten und skrupellosesten Parteien ihrer Konkurrenz mittels Gewalt. Die „Gründungsväter“ der Bundesrepublik versuchten vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen eine krisenfeste Parteiendemokratie zu installieren. „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ heißt es in Art. 21 GG, Näheres ist im Parteiengesetz von 1967 geregelt.
Bereits seit den 1990er Jahren nimmt eine Politikverdrossenheit in der Bevölkerung zu, die sich beispielsweise in niedrigen Wahlbeteiligungen und abnehmenden Mitgliederzahlen in den Parteien zeigt. Sogar der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages zitiert kritische Stimmen von Rang, wie die ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und Roman Herzog – beide waren Juristen -, welche die Entwicklung zum Parteienstaat Bundesrepublik ausgesprochen kritisch sahen.[1]
Ein „vollständiger“ Parteienstaat hat nach Definition durch die Politologie folgende Kennzeichen: 1. Inkorporierung der Parteien in die Verfassung. 2. Wahl von Parteien, nicht von Abgeordneten. 3. Ein von Parteien dominierter Willensbildungsprozess. 4. Ein an Parteibeschlüssen ausgerichtetes Handeln von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern. 5. Die Parteien als Aufstiegskanäle für das politische Personal. 6. Ein von Parteien durchdrungener Öffentlicher Dienst. 7. Eine größtenteils staatliche Parteienfinanzierung.
Es möge sich hier jeder selbst ein Bild machen. Roman Herzog wird vom Wissenschaftlichen Dienst zitiert: „ob die politischen Parteien mit ihrem momentanen (1993!) Tun und Treiben und vor allem mit ihren Machtansprüchen nicht vollends rechtswidrig handeln und ob sie nicht gar dabei sind, die geltende Verfassung in einen anderen, so nicht vorgesehenen und daher eigentlich verfassungswidrigen Zustand zu transformieren.“[2] Auch die Bundeszentrale für politische Bildung gibt sich kritisch: „Dieser neue Typus (Partei) lebt v. a. von staatlichen Ressourcen und Privilegien, ist zentralisiert und wird von Berufspolitikern getragen; ferner haben sich Regierung und Opposition arrangiert. Parteien sind demnach eher Teil des Staates, als dass sie noch zwischen diesem und der Gesellschaft vermitteln. Zum Teil wird dies kritisch mit dem Wandel zur „Postdemokratie“ (nach Crouch) verbunden; empirisch stellt sich die Frage, nach dem Unterschied, den Parteien (noch) machen.“[3]
Die Krise der Parteiendemokratie dauert also bereits länger an und natürlich hat sie eine Vielzahl von Gründen. Was Bürgern heutzutage sicherlich besonders negativ auffällt, ist die Tatsache, dass es unter dem aktuellen Abgeordneten- und Regierungspersonal eine Vielzahl unqualifizierter und auch kindisch agierender Menschen gibt, die nur aufgrund ihres Berufspolitiker-Daseins überdurchschnittliche Einkommen und Privilegien auf Kosten der Steuerzahler erhalten und auch sonst mit den Steuermitteln ausgesprochen großzügig umgehen, nicht unbedingt zum Wohle der Steuerzahler. Dazu legen sie eine Arroganz und Abgehobenheit an den Tag, die den Bürger vor den Kopf stoßen, der letztlich das Ganze finanziert.
Eine Anzahl kleinerer Parteien versucht mühevoll, die 5 % Klausel zu überwinden, um den etablierten Parteien in den Parlamenten Paroli zu bieten, aber der Weg dahin ist mühsam und wird von den Altparteien bestmöglich erschwert. Die basisdemokratische Partei dieBasis will mehr direkte Demokratie, eine Stärkung der Zivilgesellschaft. Die Bürger sollen direkt Einfluss nehmen können auf ihnen wichtig Erscheinendes. Nach Jahrzehnten der repräsentativen Demokratie ist es nun längst an der Zeit für eine Weiterentwicklung – Transformation, wie es heute so schön heißt – zu direkter Demokratie, Basisdemokratie. Die Bürger sollten die Möglichkeiten, die ihnen das Grundgesetz bietet, ausschöpfen und dem Parteienstaat Zügel anlegen.
[1] Hier und im Folgenden: https://www.bundestag.de/resource/blob/411790/0949243e48342c34ec85d633b84fc52c/WD-1-080-07-pdf-data.pdf
[2] Ebd.
[3] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/202087/parteien-und-parteiensystem/ kursive Hervorhebungen im Zitat von der Autorin